Aktive Schwingungsisolation

Schwingungsisolation

Zahlreiche Anwendungen benötigen für den Betrieb eine möglichst schwingungsfreie Aufstellung. Hochpräzise Messsysteme wie Weißlichtinterferometer, Rasterelektronenmikroskope oder stark vergrößernde Mikroskope zur optischen Kontrolle werden durch Schwingungsanregung beeinflusst. Dasselbe gilt für Fertigungsanlagen beispielsweise im Halbleiterbereich. Hier ist neben einer guten Isolation insbesondere auch ein schnelles Einschwingverhalten von großer Bedeutung, weil hierdurch unter Anderem der Durchsatz gesteigert werden kann.

Unter Schwingungsisolation wird die Entkopplung einer Plattform von den ambient auftretenden Schwingungen verstanden. Zu den ambienten Störungsquellen zählen insbesondere Gebäudeschwingungen und Fundamentschwingungen, die durch Trittschall, Windkräfte und Straßen- und Zugverkehr angeregt werden. Auch Produktionsmaschinen, Drucker, Fahrstühle und Klimaanlagen führen zu einer größeren Schwinganregung. Diese Gebäudeschwingungen treten insbesondere im tieffrequenten Bereich zwischen 2 und 5 Hz auf, wobei das Frequenzspektrum von der Form und Höhe des Gebäudes sowie den Anregungsquellen abhängen.

Ziel der Schwingungsisolation ist es, diese bestehenden Schwingungen möglichst stark zu reduzieren, so dass nur noch ein Bruchteil auf der isolierten Plattform übrig ist (Bild 1). Dieser Zusammenhang wird durch die Transmissibilität beschrieben. Diese gibt das Verhältnis der Amplituden der Restschwingungen bezogen auf die der Erregung an. Ein Wert von 1 bedeutet demnach, dass beide Amplituden gleich groß sind, und keine Isolation erfolgt. Ein Wert von 0.1 bzw. 10% gibt an, dass die Amplituden um den Faktor 10 reduziert sind, und lediglich 10% der Anregung noch auf der isolierten Plattform vorhanden sind. Die Transmissibilität wird zudem üblicherweise in Dezibel (dB) angegeben. Dies entspricht einer logarithmischen Darstellung. Die oben beispielhaft erwähnten Transmissibilitäten von T=1 bzw. T=0.1 entsprechen 0 dB bzw. -20 dB. Eine noch höhere Isolation auf 1% entspricht -40 dB.

Schwingungsisolatoren, egal ob passive oder aktive, weisen eine frequenzabhängige Transmissibilität auf. Das bedeutet, dass die Isolation beispielsweise bei 2 Hz nicht mit der bei 10 Hz oder bei 30 Hz übereinstimmt. Sinnvollerweise wird die Transmissibilität daher als Graph über der Frequenzachse dargestellt.

Bild 1: Aufbau Schwingungsisolator

Passive Schwingungsisolatoren versus aktive Schwingungsisolatoren

Trotz der grundlegenden Unterschiede im Aufbau passiver und aktiver Isolatoren sehen die Transmissibilitätskurven grundsätzlich sehr ähnlich aus. Ein typischer Verlauf ist in Bild 2 dargestellt.

Dieser Verlauf ist durch eine deutliche Resonanzerhöhung gekennzeichnet. In der Resonanz f0 verstärkt der Isolator sogar die Störungen. Unterhalb läuft die Transmissibilität gegen der Wert von 1 (0 dB), und oberhalb fällt die Transmissibilität mehr oder weniger stark ab.

Man kann den Frequenzbereich demnach in einen Anfachungsbereich und einen Isolationsbereich einteilen, wobei der Isolationsbereich erst oberhalb der Resonanzfrequenz beginnt (genau genommen bei dem 1.41-Fachem der Resonanzfrequenz). Aus diesem Grund ist man bestrebt, eine möglichst geringe Resonanzfrequenz zu erzielen. Typische Luftfederisolatoren erreichen Resonanzen von ca. 2.5 Hz und isolieren ab 3.5 Hz. Mit einfachen Gummipuffern beginnt die Isolation erst oberhalb von 10 oder 15 Hz.

Der Effekt der Dämpfung ist in Bild 3 erkennbar. Während die Resonanzerhöhung durch Dämpfung reduziert wird – jedoch weiterhin oberhalb von 1 und damit anfachend bleibt – ist die Isolation stark verringert, weil die Transmissibilität flacher abfällt. Bei der Wahl der Dämpfung besteht demnach ein Zielkonflikt, der auf passive Weise nicht behoben werden kann.

Aktive Schwingungsisolatoren wie der Seismion Reactio beruhen ebenfalls mechanisch auf einer federnden Lagerung. Daneben gibt es jedoch ein aktives Regelsystem, welches als klassische Feedback-Regelsystem aufgebaut ist. Speziell entwickelte Beschleunigungssensoren mit piezoelektrischen Keramiken nehmen die Amplituden der isolierten Plattform hochgenau auf. Diese Messgrößen werden durch eine analoge Regelung in die benötigten Stellkräfte umgewandelt, welche von berührungslosen Tauchspulenaktoren erzeugt werden. Diese aktive Regelung ist mehrfach aufgebaut, um alle sechs Freiheitsgrade zu isolieren.

Die grundsätzliche Idee der aktiven Regelung ist es, ein so genannten „Sky-hook Dämpfer“ abzubilden (Bild 4). Dieser Dämpfer ist nicht wie im passiven System gegen den (schwingenden) Boden gekoppelt, sondern gegen einen virtuellen, stillstehenden Befestigungspunkt. Deshalb werden über diesen virtuellen Dämpfer keine weiteren Störungen vom Boden in das System eingeleitet, und der Sky-hook Dämpfer weist ausschließlich Vorteile auf. Die entsprechenden Transmissibilitätskurven in Bild 5 zeigen, dass durch die Sky-hook Dämpfung die Resonanz vollständig unterbunden werden kann, und die Isolation schon bei deutlich kleineren Frequenzen beginnt.

Ein idealer Sky-hook Dämpfer ist praktisch aus mehreren Gründen nicht zu realisieren. Auch aktive Systeme weisen daher weiterhin eine Resonanzüberhöhung auf, die jedoch bei Seismion Isolatoren deutlich unterhalb von 1 Hz liegen.

Bild 2: Typischer Verlauf der Transmissibilität

Bild 3: Einfluss der Dämpfung auf die Transmissibilität

Bild 4: Schematische Darstellung eines Sky-hook Dämpfers

Bild 5: Transmissibilitäten von idealen Sky-hook Dämpfern

Vergleich der Leistungsfähigkeit von passiven und aktiven Isolatoren

Um die Isolationsperformance der Seismion Reactio Isolator mit denen von typischen Luftfedersystems zu vergleichen, sind beide Transmissibilitäten in Bild 6 dargestellt.

Es ist unmittelbar erkennbar, dass die Seismion Reactio Isolatoren aufgrund der tiefen Resonanzfrequenz deutlich stärker isolieren. Insbesondere im kritischen Frequenzbereich von 1-10 Hz ist die Isolation um den Faktor 7 besser als bei state-of-the-art Luftfedern. Im Bereich der Luftfederresonanzen bei 2.5 Hz sind die Reactio Isolatoren sogar 37 x besser!

Verbesserung der Einschwingzeit

Genauso beeindruckend sind die Unterschiede in der Einschwingzeit (settling time). Hierunter wird die Dauer bezeichnet, die ein System nach Anregung benötigt, um in seine Ruhelage zurückzukommen. Hierbei zeigt sich ein großer Nachteil von passiven Schwingungsisolatoren wie Luftfedern: weil die Isolation darauf beruht, den Übertragungspfad über die Feder c und den Dämpfer d (Vgl. Bild. 4) möglichst klein zu halten, ist automatisch auch weniger Stabilität bei direkter Anregung vorhanden. Als Folge schwingt ein Luftfedersystem sehr lange aus, Bild 7. Durch die schwache Dämpfung benötigt das System zahlreiche Perioden, und zur Ruhe zu kommen. Selbst nach 5 Sekunden sind noch nennenswerte Schwingungen vorhanden.

Im Vergleich dazu weisen aktive Reactio Isolatoren sehr gute Stabilitätseigenschaften auf. Die Isolation beruht nicht auf einer sehr weichen und schwach gedämpften Aufstellung, sondern vielmehr auf der Sky-hook Dämpfung. Bei direkter Anregung kontert der sehr wirksame Sky-hook Dämpfer demnach die Schwingungen, und bringt das System nahezu unmittelbar wieder zur Ruhe. Diese Eigenschaften sind insbesondere für XY-Portale, wie beispielsweise bei Oberflächenscannern, Rauheitsmessungen und allen Anwendungen von Vorteil, bei denen der Benutzer direkt mit der Anwendung interagiert.

Vorteile der aktiven Schwingungsisolatoren

Diesen enormen Zuwachs an Isolation werden Sie als Benutzer unserer Reactio Isolatoren sofort bemerken:

  • Hochpräzise Messungen werden hierdurch ermöglicht, auch in Umgebungen, die aufgrund der hohen Störungen mit herkömmlichen Luftfedern nicht geeignet sind
  • Sie sind bestens für zukünftige Entwicklungen gerüstet, welche durch kleinere Baugrößen und höhere Präzisionsanforderungen gekennzeichnet sind
  • Ihre Produktionsmaschinen können höhere Taktraten fahren, weil die Einschwingzeit der „Reactio“-Isolatoren ebenfalls um Größenordnungen gegenüber Luftfedern verbessert ist

Bild 6: Vergleich der Isolationsperformance von Reactio-Isolatoren und herkömmlichen Luftfedern

Bild 7: Vergleich der Einschwingvorgänge von Reactio-Isolatoren und herkömmlichen Luftfedern